Nahtoderlebnisse wissenschaftlich belegt: Über die Kontinuität des Bewusstseins

Dr. Pim van Lommel

Dr. Pim van Lommel

Kardiologe und Nahtodforscher

Dr. Pim van Lommel ist Kardiologe und untersucht Nahtodeserlebnnisse seit 1986 aus wissenschaftlicher Sicht. Er gilt weltweit als einer der führenden Forscher auf diesem Gebiet. Er lebt in den Niederlanden und ist Mitbegründer der Niederländischen Sektion der „International Association for Near-Death Studies“. 

Wir von der Redaktion DIE ANDERE REALITÄT verleihen seinem Taschenbuch „Endloses Bewußtsein – Neue medizinische Fakten zur Nahtoderfahrung“, das Prädikat „Sehr gut“. Es ist ein empfehlenswertes Buch darüber, dass der physische Tod aller Voraussicht nach nicht das Ende ist. 

Selbst wenn das Gehirn nachweislich nicht mehr funktioniert, können Menschen offensichtlich ein klares Bewusstsein haben.

Dr. Pim van Lommel ist einer der führenden Nahtodforscher, welcher Nahtoderlebnisse und Außerkörperliche Erfahrungen wissenschaftlich untersucht – mit sehr erstaunlichen Ergebnissen!

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Nahtoderlebnisse wissenschaftlich belegt: Über die Kontinuität des Bewusstseins

Dieter Wiergowski:
Ich habe Ihr neuestes Buch „Endloses Bewusstsein – neue medizinische Fakten zur Nahtodeserfahrung“, erschienen jetzt ganz neu als Taschenbuch im Knaur-Verlag, aufmerksam gelesen. Dem Interview möchte ich voranschicken, dass ich selbst ein Nahtodeserlebnis hatte. Und zwar war ich 13 Jahre alt und wäre fast ertrunken. Ich sah unglaubliche Farben, hörte intensive Töne – und mein Leben lief wie auf einer Kinoleinwand rückwärts ab. Dabei hatte ich ein totales Glücksgefühl. Dieses Glücksgefühl suchte ich dann später wiederzuerlangen und begann mich mit Spiritualität zu beschäftigen. Ich hatte also kein so genanntes „Tunnelerlebnis“ und ich hatte auch keinen Kontakt mit Verstorbenen. Dennoch ließ mich diese Erfahrung mein Leben lang nicht mehr los. Allein durch diese Erfahrung habe ich nicht die Angst vor dem Tod verloren. Dieses mein Erlebnis könnte man durchaus auch auf eine Halluzination oder andere Erklärungmodelle zurückführen. Dennoch bin ich sicher, dass es ein persönliches Leben nach dem Tod gibt – aber aufgrund von vor allen Dingen der Beschäftigung mit der Instrumentellen Transkommunikation. Hier ist es möglich per Apparaturen mit Verstorbenen bis zu 20 Minuten in einen Dialog zu treten. Grundlagenwerk diesbezüglich hat der Mainzer Physiker Prof. Dr. Ernst Senkowski geschrieben. Frage: Haben Sie sich auch einmal mit diesem Bereich der Jenseitsforschung, der für mich der eindrucksvollste überhaupt ist – überzeugender als jegliche Nahtodeserlebnisse – beschäftigt?

Dr. Pim van Lommel:
Ich habe mich damit bisher nicht beschäftigt. Ich kenne das aber und habe diesbezüglich einen Vortrag gehört von einer spanischen Frau – aber selbst geforscht habe ich nicht. Ich habe darüber gelesen, aber für mich ist es nicht notwendig, um meine Vorstellung über die Kontinuität des Bewusstseins zu verändern.

Dieter Wiergowski:
Dr. Raymond Moody war Referent bei einem unserer Kongresse. Ich besuchte ihn darauffolgend bei sich zu Hause in Alabama. Er glaubt, dass Nahtodeserfahrungen nicht ein Leben nach dem Tod beweisen. Er selbst sagt, er weiß es nicht, ob es ein Leben nach dem Tod gibt. Es bleibt für ihn eine reine Glaubenssache. Er sagte, dies schrieb er auch in seinem letzten Kapitel des Weltbestsellers „Leben nach dem Tod“, aber der Verlag hatte, ohne ihn zu fragen, das letzte Kapitel einfach ausgelassen. Darin äußerte er sich sehr kritisch. Er sagte mir, er wolle seine Reputation zurück. Darum schrieb er auch das Buch „The last laugh“, das in den USA erschienen ist und ich glaube nicht in Deutschland. Wie ist Ihr Kommentar?

Dr. Pim van Lommel:
Wie lange ist das her, dass Sie ihn gesprochen haben?

Dieter Wiergowski:
Das war 1993.

Wissenschaftlich belegt: Das Bewusstsein existiert nach dem Tod weiterhin

Dr. Pim van Lommel:

Das war also vor 20 Jahren. Innerhalb von 20 Jahren kann man seine Ansicht ja ändern – oder? Ich kenne ihn persönlich sehr gut. Er ist sicher, dass es ein Leben nach dem Tod gibt. Allerdings gibt es keinen wissenschaftlichen Beweis dafür. Wir können kein Leben nach dem Tod wissenschaftlich beweisen. Übrigens nenne ich es nicht „Leben nach dem Tod“, sondern bevorzuge „Kontinuität des Bewusstseins“. Leben ist etwas Biologisches und nach dem Tod des Körpers ist es im Prinzip kein Leben mehr, aber da ist noch immer ein Bewusstsein. Aber wofür es einen wissenschaftlichen Beweis gibt, ist – und das habe ich auch mit unseren Studien belegt – dass Menschen ohne Hirnfunktion ein klares Bewusstsein haben können. Wenn man gestorben ist, gibt es eben auch keine Hirnfunktion und es ist wahrscheinlich – ohne es einen Beweis zu nennen – dass nach dem physischen Tod das Bewusstsein weiterhin existiert. Hier passt natürlich auch die Instrumentelle Transkommunikation mit hinein – wo scheinbar Gespräche mit Verstorbenen stattfinden. Ein „Beweis“ ist es nicht – das ist etwas anderes.

Aber ich bin davon überzeugt, dass es höchst wahrscheinlich ist, dass das Bewusstsein den Tod des Körpers überdauert.

Dieter Wiergowski:
Sie vergleichen Nahtodeserlebnisse durchaus mit einem Traum. Auch im Traum kann man verschiedene paranormale Dinge erleben. Könnte es theoretisch sein, dass viele Menschen auch eine Art Traum als Nahtodeserfahrung am Ende erfahren? Oder anders gefragt: Was macht Sie so sicher, dass es nach dieser Nahtodeserfahrung bzw. Traum ein permanentes persönliches Weiterleben nach dem Tod gibt?

Dr. Pim van Lommel:
Sie haben mich hier nicht richtig verstanden. Ein Nahtodeserlebnis und ein Traum sind ganz verschiedene Sachen. Aber in einem Traum kann man auch mystische Erfahrungen haben, das heißt, es gibt keine Zeit und keinen Raum. Aber es ist ganz anders als eine Nahtodeserfahrung.

Dieter Wiergowski:
Manche Menschen behaupten, dass sie in ihrem Traum auch mit Verstorbenen gesprochen haben…

Dr. Pim van Lommel:
Aber das nenne ich keinen Traum, weil Menschen niemals den Kontakt mit dem Bewusstsein eines Verstorbenen vergessen. Und ein Traum wird meist vergessen. Und der Kontakt mit beispielsweise einem verstorbenen Verwandten ist ganz etwas anderes als ein Traum. Und zweitens braucht man für einen Traum ein funktionierendes Gehirn. Und bei einem Herzstillstand, also bei einem klinischen Tod, gibt es nach 15 Sekunden kein funktionierendes Gehirn mehr. Deswegen ist es nach dieser Definition nicht möglich, über einen Traum zu sprechen. Auch für eine Halluzination braucht man ein funktionierendes Gehirn. Sie sagen, auch im Traum kann man verschiedene paranormale Dinge erleben. Was meinen Sie mit „paranormal“? Dieses Wort „paranormal“ gebrauche ich nicht, auch nicht in meinem Buch.

Dieter Wiergowski:
Ja – Paranormalität in einem Traum: Wenn man zum Beispiel die Zukunft „sieht“ in einem Traum oder dass man auch Kommunikation mit Verstorbenen in einem Traum haben kann, da ist bei manchen Menschen nicht unbedingt eine Nahtodeserfahrung notwendig. Manche sagen: Ich habe mich im Traum mit meinem verstorbenen Vater unterhalten. Und das vergisst derjenige nicht. Das ist eben präsent, wenn er am nächsten Morgen aufwacht.

Langzeitstudien über Nahtoderlebnisse zeigen: Bas Bewusstsein existiert selbst ohne Hirnfunktion

Dr. Pim van Lommel:
Paranormal heißt also, dass man es sich nicht mit der klassischen Physik erklären kann. Diese Dinge kann man schon mit der Quantenphysik erklären und sie sind dann wieder normal. Man braucht halt eine andere Theorie dafür. Ich selbst gebrauche das Wort „paranormal“ nicht.

Dieter Wiergowski:
Sie sind von der Kontinuität des Bewusstseins nach dem physischen Tod überzeugt. Ausschließlich aufgrund der Beschäftigung mit Nahtodeserfahrungen?

Dr. Pim van Lommel:
Und auch aufgrund der Nachtoderfahrungen. Ich habe viele Tausende von E-Mails von Menschen erhalten über Nachtoderfahrungen bzw. Nachtodkommunikation. Ich habe auch hunderte von Menschen gesprochen mit diesen Erfahrungen. Ich weiß, dass das so ist.

Dieter Wiergowski:
Was sagen Sie zu den Lehren sogenannter östlicher „Meister“? Fast alle behaupten, es gibt kein persönliches Weiterleben nach dem Tod, sondern die Seele eines Menschen löse sich auf bzw. „lebe“ in unpersönlicher Weise weiter.

Dr. Pim van Lommel:
Ich weiß nicht, welche „Meister“ Sie meinen. Ich habe ja auch viel von denen gelesen und sie sagen immer, es ist beides, da sind noch immer ein individueller Aspekt und ein Einheits-Aspekt. Also es gibt immer noch einen persönlichen Aspekt. Sie selbst meinen ja auch, durch die Instrumentelle Transkommunikation hat man immer noch eine Kommunikation mit einem „Verstorbenen“. Es ist also immer noch etwas Individuelles da, aber auch etwas „Einheitliches“. Es ist nicht entweder oder, sondern sowohl als auch. In dieser Welt hat man Subjekt und Objekt, in der anderen Welt – in der anderen Dimension – hat man nur Subjekt. Alles ist miteinander verbunden. Es gibt also auch dort noch einen individuellen Aspekt, den man aber nicht vom Ganzen teilen oder trennen kann.

Dieter Wiergowski:
Viele östliche spirituelle Lehrer oder „Meister“ behaupten – das sind ja alles auch Behauptungen – nichts Bewiesenes – dass eben das Ego, was sie mit dem „Ich“ gleichsetzen, gebunden ist an den physischen Körper und wenn der stirbt, ist das Ego weg.

Dr. Pim van Lommel:
Ja, das stimmt. Das Ego ist weg, denn es ist der körperliche Aspekt des Wachbewusstseins. Aber das Selbst ist etwas anderes, das ist etwas Höheres – so wie es C. G. Jung auch geschrieben hat. Das Selbst, das Individuelle, besteht dann noch immer – nur das körperliche Wachbewusstsein ist verschwunden. Das sind zwei verschiedene Aspekte. Der körperliche Aspekt ist verschwunden, aber die Essenz – das Selbst – ist noch immer da. So, das Ego ist verschwunden, da haben sie Recht. Aber das Ego ist etwas anderes als das Persönliche. Weil es eben auch einen höheren Aspekt der individuellen Person gibt.

Dieter Wiergowski:
Es werden immer Argumente gebracht, die ein Nahtodeserlebnis als Sauerstoffmangel, Halluzination, Phantasie oder Erfindung bezeichnen. Wie kann man das entkräften? Wie kann man es entkräften, dass es sich nicht nur um einen „Traum“ handelt mit zugegebenermaßen unterschiedlichen paranormalen Erlebnissen wie Außerkörperliche Erfahrungen, das Auffinden einer Zahnprothese, wie sie hier auch im Buch geschildert wird usw.? Auch im Traum könnte man mit Verstorbenen kommunizieren, von denen man noch nicht weiß, dass sie gestorben sind und auch andere paranormale Phänomene könnte man im Traum haben. Also nochmal die Frage: Wie kann man entkräften, dass es sich lediglich um einen Traum handelt, der nach einigen Minuten, wenn der Mensch wirklich gestorben ist, endet?

Dr. Pim van Lommel:
Das habe ich auch sehr in meinem Buch beschrieben. Was wichtig ist, die Studien, die wir gemacht haben mit Patienten, die einen Herzstillstand überlebt haben, zeigen, dass nach 15 Sekunden keine Hirnfunktion mehr vorhanden ist. Der Hirnstamm funktioniert nicht mehr, das EEG ist eine Flatline nach 15 Sekunden. Und man braucht für einen Traum, man braucht für eine Phantasie, man braucht für eine Halluzination ein funktionierendes Gehirn. Und wir haben herausgefunden, man hat neue Ideen, neue Emotionen ohne ein funktionierendes Gehirn. Somit kann es kein Traum sein. In unseren Studien haben wir eindeutig bewiesen, dass Sauerstoffmangel keine Erklärung sein kann, auch keine Todesangst oder auch keine gegebenen Medikamente.

Dieter Wiergowski:
Im Buch schreiben Sie, dass es nicht klar ist, warum nicht jeder Mensch eine Nahtodeserfahrung hat bzw. nach den Wiederbelebungsversuchen sich daran erinnern kann. Kann es nicht sein, wie bei einem Traum auch, dass manche Menschen sich an einen Traum erinnern und andere nicht, obwohl sie wahrscheinlich wie jeder andere auch Träume haben?

Menschen haben nach Nahtoderfahrungen keine Angst mehr vor dem Tod

Dr. Pim van Lommel:
Ich habe ja schon gesagt, eine Nahtodeserfahrung ist total anders als ein Traum. Wir haben Langzeitstudien gemacht in Form von Interviews nach 2 und nach 8 Jahren und wir haben herausgefunden, dass nur die Menschen mit den Nahtodeserfahrungen klassische Transformationen erfahren haben, das heißt sie haben keine Angst mehr vor dem Tod, haben neue Lebenseinsichten gewonnen und eine erhöhte Sensitivität. Und das war nur bei den Patienten mit Nahtodeserfahrungen, die sich daran erinnern konnten und nicht bei den Patienten, die einen Herzstillstand überlebt hatten und sich an nichts erinnern konnten. Wir wissen von Kindern bis zum Alter von 4 Jahren, dass sie sich meistens an die Inhalte ihrer Nahtodeserfahrungen (NTE) nicht mehr erinnern können, aber sie alle erfahren trotzdem eine Transformation. Ohne Erinnerung kann man trotzdem eine Transformation erfahren. In unseren Langzeitstudien mit Erwachsenen hatten allerdings nur diejenigen, die sich erinnern konnten, eine Transformation erfahren. Ich glaube, ich kann es aber nicht beweisen, dass es höchst wahrscheinlich ist, dass nur 18 Prozent der Menschen eine Nahtodeserfahrung hatten, die anderen hatten keine. Das ist noch nicht mal ein Mysterium, warum nur 18 Prozent der Menschen das hatten, aber es könnte sein, dass 82 Prozent mehr Zeit brauchten, um aus dem Körper zu gehen – vielleicht 30 Minuten oder eine Stunde – ich glaube, dass alle Menschen, die sterben, auch ohne Körper noch ein Bewusstsein haben. Aber nach einem Herzstillstand sind die meisten Menschen innerhalb von 2 bis 8 Minuten reanimiert worden. Viele waren vielleicht noch zu sehr mit einem Band mit dem physischen Körper verbunden und hätten noch ein wenig mehr Zeit gebraucht, um aus dem Körper zu gehen. Aber das, was ich jetzt gerade gesagt habe, ist nicht wissenschaftlich, sondern meine persönliche Vermutung.

Dieter Wiergowski:
Thema Organspende. Wir wissen nicht genau, wie der Sterbeprozess verläuft. Wir wissen nicht, was der Mensch noch erlebt, obwohl er hirntot ist. Durch die Nahtodeserfahrungen liegt nahe, dass der Tod möglicherweise in unterschiedlichen Phasen verläuft. Was würden Sie also jemandem raten, der seine Organe spenden will und einen Organspende ausweis beantragt?

Dr. Pim van Lommel:
Es gibt in Deutschland, wie auch in den Niederlanden, eine sehr einseitige Aufklärung über die Diagnose Hirntod. Wir wissen, dass hirntot nicht tot ist. Wenn die Menschen hirntot sind, dann sind nur 3 Prozent des Körpers geschädigt. 97 Prozent des Körpers sind noch immer lebendig und man braucht lebendige Organe als Spender und keine toten. Der Mensch ist also nicht tot, er ist am Beginn des Sterbeprozesses. Mit der Organtransplantation wird der Sterbeprozess sehr verkürzt. Wir wissen nicht, welche Auswirkungen dies auf das Bewusstsein hat. Kennen Sie das Buch „Unversehrt sterben“ von Renate Greinert?

Dieter Wiergowski:
Nein.

Dr. Pim van Lommel:
Das sollten Sie unbedingt lesen. Sie hat über ihren 15jährigen Sohn geschrieben, der für hirntot erklärt wurde und dem sie alle Organe entnommen haben. Wirklich schrecklich. Wichtig ist, hirntot ist nicht tot. Hirntod ist der Beginn des Sterbeprozesses – aber die Organe sind noch lebendig. Man weiß also, dass der Sterbeprozess verkürzt wird – und wenn man das weiß, kann man sich entscheiden, ob man sein Organ spenden will oder nicht.

Untersuchungen ergeben, das 50% aller Menschen in Europa glauben an ein Leben nach dem Tod

Dieter Wiergowski:
In den Niederlanden wird den Menschen ja neuerdings die Möglichkeit geboten, wenn sie sterben wollen, sich diesbezüglich von einem Arzt unterstützen zu lassen. Wie ist Ihre Meinung dazu?

Dr. Pim van Lommel:
Ungefähr 2000 Menschen in den Niederlanden pro Jahr bekommen Euthanasie. 96 Prozent dieser Menschen sind in der Endphase von Krebs und haben eine Lebenserwartung von ein bis zwei Wochen. Und vier Prozent sind Menschen mit anderen Krankheiten. Diese Menschen haben so viele Schmerzen und Atemnot – diese Menschen sind mit normalen Medikamenten nicht mehr zu behandeln und bekommen dann einen künstlichen Tod. Ich bin sehr zurückhaltend damit, denn ich glaube, jeder Mensch hat seine eigene Zeit zum leben und ich habe das als Arzt auch immer so gehalten. Die andere Seite des Gesamten ist auch sowohl in den Niederlanden, als auch in Deutschland, dass die meisten Menschen entgegen ihrem eigenen Willen zu lange behandelt werden, so dass die Zeit des Leidens verlängert wird. Man gibt dem Körper nicht die Möglichkeit, den normalen Tod zu sterben. Das ist die andere Seite, dass die Technik es möglich macht, das Leiden zu verlängern und den natürlichen Tod zu verzögern.

Dieter Wiergowski:
Sie schreiben in Ihrem Buch auf Seite 393, dass sich laut Umfragen das Gros der Wissenschaftler weniger für Religion oder Unsterblichkeitsvorstellungen interessiert. Zumindest ergeben dies Umfragen in den USA. Sie beschreiben, dass ein Artikel der Zeitschrift „Nature“ besagt, dass sich nur 39 Prozent der Wissenschaftler selbst als religiös bezeichnen – das heißt 61 Prozent haben keinen Glauben, sind Agnostiker oder zweifeln. Die gleiche Umfrage wurde bereits 1914 durchgeführt und man weiß, dass dieser Prozentsatz an „Ungläubigen“ in mehr als 80 Jahren fast unverändert geblieben ist. Ebenfalls zeigt der Artikel in der Zeitschrift „Nature“, dass nur 7 Prozent der einflussreichsten und bedeutendsten Wissenschaftler sich selbst als religiös oder spirituell bezeichnen. Das bedeutet 93 Prozent dieser führenden Wissenschaftler verneinen heute jegliche Form von Religion und Spiritualität. 1914 betrug der Anteil der führenden Wissenschaftler, die an Gott glaubten, noch 28 Prozent und 35 Prozent konnten sich damals noch ein persönliches Weiterleben nach dem Tod vorstellen. Demnach ist also bei führenden Wissenschaftlern der Glaube an ein persönliches Leben nach dem Tod zurückgegangen. Frage: Bei führenden Wissenschaftlern geht also die Annahme eines persönlichen Weiterlebens zurück – wie sieht der Trend der Wissenschaft für die nächsten Jahrzehnte möglicherweise aus?

Dr. Pim van Lommel:
Die meisten der führenden Wissenschaftler sind halt immer noch materielle Wissenschaftler. Sie sagen, Wissenschaft ist nur das, was man objektivieren kann und reproduzieren kann. Das Problem mit Bewusstsein ist, man kann das nicht beweisen, man kann es nicht objektivieren und nicht reproduzieren. Bewusstsein ist für die meisten Wissenschaftler nur eine Illusion. Es gibt für sie nur Materie, nur das Gehirn – da ist kein Bewusstsein. Diese Menschen haben eine ganz andere Idee von Wissenschaft. Und ich sage und schreibe auch immer, dass die Wissenschaft auch subjektive Erfahrungen beinhalten muss. Subjektive Erfahrungen müssen auch mit wissenschaftlichen Methoden untersucht werden, so wie die empirischen Studien, die wir mit Nahtoderfahrungen gemacht haben. Das ist auch Wissenschaft. Aber die Schlussfolgerung unserer Studie ist nicht in der materiellen Wissenschaft zu verharren. Es ist nötig, die Wissenschaft zu verändern. Es ist wichtig, subjektive Erfahrungen einzuschließen. Untersuchungen haben ergeben, dass fünfzig Prozent der Menschen in Europa – das sind 250 Millionen Menschen – an eine Form von Weiterleben glauben. Das ist also eine ganz andere Größenordnung als diese kleine Gruppe von Wissenschaftlern.

Dieter Wiergowski:
Vielleicht noch eine letzte Frage: Haben Sie selbst noch irgendeine Angst vor dem eigenen Tod? Oder freuen Sie sich sogar auf den eigenen Tod?

Dr. Pim van Lommel:
Ich bin neugierig, was da wirklich geschieht. Ich habe nur noch kaum Angst – ich habe in erster Linie Neugier.

Dieter Wiergowski:
Auch keine Angst vor möglicherweise Schmerzen?

Dr. Pim van Lommel:
Das ist etwas anderes. Der Sterbeprozess ist etwas anderes als der Tod. Der Sterbeprozess kann sehr viel Schmerzen verursachen und im Tod gibt es keine Schmerzen mehr, weil man keinen Körper mehr hat.

Dieter Wiergowski:
Das war ein sehr schönes Schlusswort. Ich bedanke mich für das Interview.

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